Haardorf und Mühlham

Unverdorben – ein Familienname spricht für sich

Osterhofener Zeitung 28.08.2013

Vor 450 Jahren ist die Familie von Ortenburg ausgewandert, weil sie katholisch bleiben wollte

Martin

Stammbaum

Osterhofen. Martin Unverdorben stammt aus einer katholischen Familie. Auch wenn er selbst mittlerweile konfessionslos ist, seine Vorfahren waren über Jahrhunderte hinweg katholisch getauft. Nichts besonderes im niederbayerischen Osterhofen. Wenn da nicht sein Nachname wäre: Der signalisiert, dass sich seine Vorfahren im 16. Jahrhundert standhaft zum Katholizismus bekannten und dafür sogar Orts- wie Namenswechsel in Kauf nahmen.
Graf Joachim von Ortenburg (1530 bis 1600), führte als überzeugter Lutheraner die Reformation ein in dem Teil seiner Ländereien, der Reichs-unmittelbar war, also direkt dem deutschen Kaiser und nicht den Bayern unterstand. Dazu zählte die Grafschaft Ortenburg, in der am 3. Oktober 1563 der erste evangelische Gottesdienst in der Schlosskapelle stattfand und am 17. Oktober 1563 in der Marktkirche. Heuer feiert Ortenburg das 450. Jubiläum seiner evangelischen Geschichte mit mehreren Veranstaltungen, darunter einer Pilgerwanderung mit Begegnungstag im September und dem Ortenburger Reformationstag am 17. Oktober mit Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm.
Können heute evangelische und katholische Gläubige gut mit- und nebeneinander leben, so war die Situation damals anders. Oftmals hießt es „Cujus regio, ejus religio“ (wessen Land, dessen Religion). Und auch wenn die Angaben zu Martin Unverdorbens Vorfahren widersprüchlich sind und unklar ist, ob sie gezwungen werden sollten, ihren Glauben zu ändern: Fakt ist, dass sie katholisch und von der neuen Religion „unverdorben“ bleiben wollten. Der damalige Familienname Hagmeyer wechselte deshalb in Unverdorben – und blieb bis heute.
Wohl um 1571, acht Jahre nach Einführung des evangelischen Glaubens, zog die Familie Hagmeyer/Unverdorben weg aus Ortenburg in die Grafschaft Preysing, die ihren Hauptsitz in Moos hatte. Familien mit dem Namen Unverdorben sind laut Telefonbuch noch immer vielfach zu finden in der Region: in


Schmiedehandwerk über viele Generationen


Altenmarkt, Haardorf, Mühlham und Wisselsing, aber beispielsweise auch in Neusling, Wallerdorf, Hengersberg, Aholming und Penzling sowie Plattling und Deggendorf. Darüber hinaus nennen die Familienforscher des Namens Unverdorben in Uttigkofen.
Geistlicher Rat Johann Baptist Berger von Uttigkofen (1869 bis 1960) stellte aus den Pfarrbüchern der Region den Stammbaum der Unverdorbens zusammen. Sie alle stammen von der Familie Hagmeyer/Unverdorben aus Ortenburg ab, die damals aus Ortenburg ausgewandert ist. Familienvater Hagmeyer war von Beruf ein Schmid. Er zog weg mit vier Söhnen, davon zwei Brauer und zwei ebenfalls Schmiede. Und auch sonst war das Schmiedehandwerk oft in der Familie anzutreffen: Sowohl Martin Unverdorbens Vater Martin, sein Großvater Martin als auch sein Urgroßvater Josef übten das Handwerk aus, sie waren jeweils der Schmied von Haardorf. Die Tradition wird erst bei Martin Unverdorben nicht fortgeführt: Er ist Elektroingenieur und Produktmanager. Doch für die Geschichte seines Familiennamens zeigt der 39-Jährige reges Interesse. Zwar stellt er keine Forschungen dazu an, aber er hat viel Wissenswertes um die Familie „Unverdorben“ auf seiner Homepage www.unverdorben.net samt lustiger Anekdoten zum Namen zusammengetragen und steht in Kontakt mit weiteren Familienzweigen.
An die 400 Träger des Nachnamens „Unverdorben“ soll es geben, davon 85 Prozent in Süddeutschland, allein 28 Prozent in Niederbayern zwischen Straubing und Passau. Weitere „Stämme“ finden sich in Augsburg, in München und Oberbayern, aber auch Thüringen sowie in Sachsen/Brandenburg – wobei bei letzteren der Name genau anders herum zu verstehen ist: Hier steht er angeblich für das Festhalten am evangelischen Glauben.  – gs

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