Haardorf und Mühlham

Die Toten werden in Ruhe gelassen

Osterhofener Zeitung 16.04.2016

Nach Bodengutachten soll der Platz vor der Kirche St. Martin versiegelt werden – Altersforschung über Skelette

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Sepp Schiller

Haardorf. Es bleibt spannend an der Kirche St. Martin. Zwar kann auch Bauforscher Dr. Markus Simm das Entstehungsdatum nicht exakt bestimmen, doch feststeht, dass das Gotteshaus wesentlich älter ist als bislang bekannt war. Darauf deuten die Knochen hin, die die private Grabungsfirma „Arcteam“ unter den ältesten Mauerresten frei gelegt hat, sowie ein Grube am Kirchenaufgang. Nach deren Untersuchung ist sich Kreisarchäologe Stefan Hanöffner sicher, dass dieser Platz schon im 8./9. Jahrhundert genutzt wurde.

„Umsäumt von zwei Gewässerläufen konnte auf hochwassersicher gebaut werden“, führte Hanöffner aus. Fraglich bleibt, ob der erste Bau profaner oder sakraler Natur war. Eine genaue Datierung und Zuordnung sei schwierig, da bei den Bestatteten keinerlei Beigaben oder Keramik gefunden wurde.Romanisch war er aber sicher nicht, wie Dr. Simm aus dem Ziegelbruch schließt, den er in der ältesten Kirchenmauer entdeckt hat. Er tippt auf spätes Mittelalter. An den Grundrissen ist auch zu erkennen, dass zuerst der Chor der Kirche entstanden ist, an den später das Langhaus angebaut wurde.

In einer Ortsbesichtigung am Donnerstag nahm Thomas Grassl vom Diözesanbauamt Passau gemeinsam mit Stadtpfarrer Hans Herlinger und Kirchenpfleger Hans Weigl die vier verschiedenen Kirchenbauphasen in Augenschein, um die weitere Vorgehensweise zu besprechen. Gut 1,20 tief bis zum Urboden hat das „Arcteam“ gegraben, ob der lehmige Untergrund jedoch stabil genug ist, um das Fundament der neuen Sakristei zu tragen, soll nun ein weiteres Baugutachten klären.

Problematisch bleibt, dass praktisch ein Skelett neben oder unter dem anderen liegt. Thomas Grassl geht es darum, die Ruhe der Toten nicht weiter zu stören: Er möchte den Grabungsbereich mit einem Vlies abdecken und dann mit extrem leichten Glasschaumschotter auffüllen, ehe die Fundamentplatte betoniert wird. Kreisarchäologe Stefan Hanöffner will dieses Bodendenkmal möglichst umfassend dokumentieren, sieht aber ein, dass aufgrund der großen Anzahl letztlich nicht alle Skelette frei gelegt werden können.

Mit einer Ramm- bzw. einer Bohrkernsondierung will Architekt Josef Krenn nun die statischen Fähigkeiten des Bodens prüfen lassen. Sollten die Werte nicht passen, muss vermutlich doch der gesamte Kirchenvorplatz ausgeräumt werden. Dies würde zusätzliche Kosten verursachen, die die Pfarrei Haardorf laut Kirchenpfleger Hans Weigl und Stadtpfarrer Hans Herlinger nicht alleine schultern kann. Zumindest haben sich die beiden bereit erklärt, die Kosten für zwei Untersuchungen gefundener Knochen zu übernehmen, damit das Alter der Kirche ungefähr festgelegt werden kann. Eine dritte Untersuchung finanziert das Landratsamt und die Diözese hat für die Gesamtkosten einen Zuschuss in Höhe von 80 Prozent zugesichert.