PNP Osterhofener Zeitung 15.08.2024
Alte Tradition: Frauengemeinschaft Haardorf bindet Kräutersträuße zu Mariä Himmelfahrt
Von Franziska Geer
Haardorf. Schutz vor Krankheiten soll ein gesegneter Kräuterstrauß den Bewohnern eines Hauses bieten. Dazu bindet die Frauengemeinschaft Haardorf – wie viele weitere Vereine – seit langem Sträuße für die Weihe im Gottesdienst zu Mariä Himmelfahrt. Damit die Segnung der Buschen am Donnerstag stattfinden kann, sind die Vorbereitungen am Mittwoch in vollem Gange. Gebunden wird im Hof von Maria Oberleitner im Schatten einer großen Scheune. Der würzige Duft vieler Kräuter liegt in der Luft, während zehn Frauen einen Buschen nach dem anderen binden. „Wenn du einen Strauß im Haus aufhängst, riecht es für vier Wochen“, beschreibt Oberleitner. In den Buschen finden sich sowohl Wildkräuter als auch Gartenpflanzen. „Das war eigentlich ein heidnischer Brauch“, erklärt Vorsitzende Claudia Unverdorben zu den Ursprüngen der Tradition um geweihte Kräuter. Die Christen hätten den Brauch später als den Feiertag Mariä Himmelfahrt am 15. August übernommen. Hierzu gibt es eine Legende um die Gottesmutter: „Die heilige Maria soll mit Geist und Körper in den Himmel aufgefahren sein“, erzählt Unverdorben. Als die Jünger Jesu das leere Grab öffneten, soll es dort nach Rosen, Lilien und Heilkräutern gerochen haben. „Früher sollten die Kräuter die Familie durch den Winter bringen“, sagt Unverdorben. Denn die Pflanzen dienten als Arznei. „Es hat ja keine Apotheke in dem Sinne gegeben.“ Der Segen soll dafür sorgen, dass die Heilkraft der Gewächse nicht verloren geht. „In dem Kräuterbuschen sollten sieben bis 99 Kräuter drinnen sein“, sagt die Vorsitzende. „Wir binden das ein, was wir daheim im Garten haben. Und dann gehen wir natürlich auch in die Natur raus und sammeln, was wir finden und was die Natur uns gibt.“ Die Frauen gehen in der Haardorfer Umgebung auf die Suche. „Ein jeder geht in eine andere Richtung, findet andere Sachen.“ Die Sammlerinnen besuchen dabei gerne brachliegende Flä- chen, wo beispielsweise Wilde Möhre, Wilder Kümmel oder Johanniskraut wachsen. Zusammengetragen wird die Ausbeute bei Maria Oberleitner, die auch zur Frauengemeinschaft gehört. Hier binden die Frauen die Sträu- ße gemeinsam am Mittwoch, dem Tag vor Mariä Himmelfahrt. „Meistens haben wir dann so eine große Auswahl, dass unsere Sträu- ße ganz dick werden“, erzählt Claudia Unverdorben und lacht. Bei Maria Oberleitner werden die Kräuter ähnlich einem Buffet auf großen Tischen ausgelegt. „Da geht jeder durch und bindet seinen Strauß.“ Häufig von den Frauen verwendete Kräuter sind unter anderem Thymian, Rosmarin, Ringelblume und Schafgarbe. Der Rosmarin wirkt beispielsweise als Heilkraut gegen Magen-DarmBeschwerden, der Thymian als Schleimlöser. „Viele tun Liebstö- ckel rein, Holunder ist auch ganz wichtig“, beschreibt Claudia Unverdorben. Die fertigen Sträuße werden in große Körbe gepackt und sind damit bereit für die Weihe zu Mariä Himmelfahrt am Tag darauf. Die Vorsitzende genießt an der Tradition besonders die Gemeinschaft beim Binden. Hierbei treffen sich meist sechs bis neun Frauen. „Der Zusammenhalt ist immer schön, man kommt doch so wenig zusammen.“ Da seien die Kräuterbuschen eine gute Gelegenheit, um über Gott und die Welt zu reden. Beim Verkauf der Sträuße, der auch eine kleine Finanzspritze für die Gemeinschaft bildet, sei es zudem immer schön, wenn das Angebot angenommen werde. Dann hieße es: „Mein Gott, habt ihr das wieder schön gebunden – und so viel!“, erzählt Unverdorben glücklich. „Das ist eine Bestätigung, dass sich die Arbeit gelohnt hat und man jemandem eine Freunde gemacht hat.“ Außerdem wichtig ist ihr, dass die Tradition um die Kräutersträuße nicht in Vergessenheit gerät. Daheim hängt man den Strauß Claudia Unverdorben zufolge kopfüber in der Küche auf. Einige drapieren ihn auch ins Herrgottseck oder trocknen ihn anfangs, um ihn nachher in eine Vase zu stellen. „Manche Bauern hängen sogar einen Kräuterstrauß im Stall auf“, berichtet Unverdorben. „Ich lasse meinen das ganze Jahr hängen. Wenn ich einen neuen Strauß habe, heize ich den anderen ein.“