Haardorf und Mühlham

Der Büchsenmann

Osterhofener Zeitung 26.02.2014

Über 4500 Dosen lagern bei Franz Graupp – Büchsen werden bis zu 20 mal pro Jahr ausgeliehen

Graupp

Von Tina Sprung

Osterhofen. Anwohner und Autofahrer rätselten: In Blaimberg waren am Wochenende überall Büchsen aufgestellt, auf über zwei Kilometer Länge säumten sie zu beiden Seiten die Gehsteige, an die 2000 Stück. Der Brauch ist vielen bekannt: Bei der Geburt eines Mädchens stellen Freunde und Bekannte die Blechdosen auf. Aber wo kommen nur so viele Büchsen her, die bis zum Anwesen der Familie Sicheneder reichten? Christian Sicheneder, frischgebackener Papa, hat den Mann, der die vielen Blechdosen besitzt, bereits kennengelernt. Franz Graupp lagert die Büchsen bei sich daheim in Haardorf über der Garage, neben dem Wohnhaus. Das Gebäude ist ein alter Heuboden. Dort oben ist ein Loch in der Wand, „da kann man die Büchsen auf die Hänger werfen“, erklärt er. Diese Fläche ist ungenutzt, ideal also für ein Lager voller Büchsen. Über 4500 große, silberne und goldene Blechdosen liegen dort oben, kreuz und quer. Die genaue Anzahl weiß Graupp nicht, „bei 3500 habe ich zu zählen aufgehört.“ Die Blechdosen kommen bis zu zwanzig Mal im Jahr zum Einsatz, allein in diesem Jahr schon über sechs Mal. Selbst aus Eggenfelden kommen die „Büchsenabholer“. Dass Franz Graupp diese tausendfach daheim hat, spricht sich schnell herum. Seit 2010 sammelt er die Blechdosen: „Bei der Geburt meiner Tochter Lea hatten meine Freunde Probleme, genügend Büchsen zu besorgen“, erinnert sich Graupp. Kurzerhand beschloss er, selbst fleißig zu sammeln. In den letzten vier Jahren wurden es immer mehr. Gern stelle er die Blechdosen zur Verfügung, auch für die Freunde der Familie Sicheneder. Christian Sicheneder war gerührt, als er am Samstag vom Krankenhaus heimkam und die Blechdosen von Graupp sah, am Straßenrand und sogar auf dem Dach. Zwar habe er mit einer Aktion gerechnet, „aber nicht in diesem großen Ausmaß“, sagt er und lächelt. Am späten Freitagabend kam seine kleine Tochter Sara zur Welt, er besuchte Mama Tanja und die Kleine am Samstagmittag, sie sind wohlauf. Die Gunst der Stunde nutzten die Herzogstädter Buam, ein Burschenverein. Sie stecken hinter der Glückwunschaktion: Während Christian Sicheneder im Krankenhaus war, packten über zwanzig Leute an, stellten innerhalb von vier Stunden über 2000 Büchsen auf, stapelten Sandsäche vor seiner Haustür, legten mit den Säcken den Namen Sara in der Hofeinfahrt aus, betonierten den „Kindsbaum“ ein. Michael Zelzer ist Mitglied bei dem Burschenverein und war am Samstag mit dabei. „Wir haben uns natürlich vorher informiert, wann Christian ins Krankenhaus fährt.“ Heute sei es schwierig, an genügend Büchsen zu kommen, weiß Franz Graupp. „Die Konservenfabriken dürfen nicht mehr so viele hergeben.“ Vor Jahren bekam er die Blechbüchsen von Mamminger Konserven, seitdem werden es mehr und mehr. Er zeigt auf die großen, silbernen und goldenen Dosen hinter ihm. „Die kleinen, die man im Supermarkt kaufen kann, eignen sich nicht zum Aufstellen, eher die großen. Diese Dosen haben einen Durchmesser von 20 Zentimeter und sind 30 Zentimeter hoch“. Ganze zwei Vormittage brauchte Christian Sicheneder, um die Dosen einzusammeln. Er besitzt einen Dreiseitenkipper, somit waren nur vier Ladungen von Nöten, um die Büchsen wieder nach Haardorf zu fahren. „Zu Spitzenzeiten haben wir zu fünft aufgeräumt“, sagt er. Wie er den einbetonierten Kindsbaum wegbekommen wird, darüber macht er sich erst in den kommenden Wochen Gedanken. Mit einer Drehleiter hat er bereits die Dosen vom Dach heruntergeholt. Seit Montag liegen diese wieder auf dem Heuboden bei Franz Graupp. Gestern hat Sicheneder mit dem Burschenverein seinen Geburtstag gefeiert, kombiniert mit dem Kindsbier. Das wohl schönste Geburtstagsgeschenk gibt es jedoch heute nachträglich: Sara und Mama Tanja kommen wieder nach Hause.