Osterhofen 5. Juni 2018 – Deggendorfer Zeitung
Rike Scholle und Eduard Deubzer fertigen Werke für die Bar „Fragrances“ ebenso wie für die Kirche in Aicha
Gabi Schwarzbözl
Haardorf. Zwei Flüssigkeiten treffen in Bewegung aufeinander: So wirkt die Glasvase, die zudem auf einem filigranen, hohen Metallgestell zu schweben scheint. Zu sehen ist sie seit Samstag in der neu eröffneten Bar „Fragrances“ im Hotel Ritz Carlton in Berlin. Gestaltet wurde sie auf dem Land: von den beiden Glaskünstlern Rike Scholle und Eduard Deubzer in Haardorf.
Dazu standen die beiden gemeinsam am Glasofen – eine Seltenheit, da sonst jeder einzeln Objekte und Leuchten anfertigt. Doch das Blasen der etwa 50 Zentimeter hohen Vase war eine Herausforderung, schildert Eduard Deubzer – nicht nur, weil es bei der Fertigung im April schon ungewöhnlich heiß war. Für die beiden Handwerker war es ein ausgesprochen langes, schwere Stück heißes Glas an der Pfeife, das sich im Schmelzzustand wie Honig bewegt. Um die Illusion zweier aufeinander treffender Flüssigkeiten zu erzeugen, musste Rike Scholle eine italienische Technik anwenden und etwas variieren. Die Farbe ist leicht anders ausgefallen, als sie wollte, aber sehr passend für die dunkel gestaltete Berliner Hotel-Bar, die chic mit akzentuiertem Licht Effekte setzt.
Dazu kommt das Metallgestell, das hoch und filigran ist und dennoch die schwere Glasvase wie schwebend in der Balance hält. Das Gestell hat Eduard Deubzer geschweißt. Proportion und Ästhetik müssen stimmen – und auch dem hohen handwerklichen Qualitätsanspruch der beiden entsprechen.
Den Auftrag für die Fragrances-Vase haben die beiden Haardorfer Künstler über eine Kunstberaterin erhalten, die sich bei ihnen gemeldet hat. Da muss man kein Atelier in München oder Berlin haben, um an solche Aufträge zu kommen, freut sich das Paar. Sie genießen es, „ganz relaxed am Land“ zu leben und diese Gelassenheit auch auf ihre Kunden auszustrahlen. Wichtiger als die Präsenz in der Stadt sei die Qualität, dann werde man von den Auftraggebern auch gefunden, sind sie überzeugt. Und auch Lust am Material und Spaß an der Sache spiegeln sich im Ergebnis wider.
Für die Bar im Ritz Carlton haben sie noch einen zweiten Auftrag ausgeführt: Eine Destille, die einer chemischen Glasapparatur nachempfunden, aber nicht funktionsfähig ist. Vielmehr kann sie auch für Blumen genutzt werden. Das dünne Apparateglas „ist eigentlich nicht mein Metier“, gesteht Rike Scholle. Deshalb hat sie das Objekt entworfen, ließ die Glaskolben aber ebenso fertigen wie den Messingständer. Die Metallarbeiten erledigte Ludwig Perschl aus Waging am See, der sonst die Elektrifizierung der Leuchten von Rike Scholle und Eduard Deubzer übernimmt. Und der ihnen neue Möglichkeiten verschafft, freuen sich die beiden Glaskünstler: Nicht nur, weil er technisch quasi alles ermöglicht, sondern auch, weil sich die Zwei über die Technik keine Gedanken mehr machen müssen: „Wir sind zurück beim Glas“, sagt Eduard Deubzer und Rike Scholle fügt an: „Jetzt ist der Kopf so frei“.
Entstanden aus dieser Zusammenarbeit ist beispielsweise die Leuchten-Serie „Drops“, mit der sie am Stand auf der Möbelmesse in Köln die Besucher faszinierten: Das Licht der kleinen Glaskugeln erscheint an der Wand wie wogende Wellen.
Zu sehen ist die Kunst der Haardorfer aber auch in der Heimat: seit langem im Fenster des Trauungszimmers im Osterhofener Rathaus und seit jüngstem in der frisch sanierten Kirche in Aicha. Für sie durfte Eduard Deubzer zwei Flaschen für Chrisam- und Katechumenenöl entwerfen und fertigen – ohne jegliche Vorgaben außer der Größe. Herausgekommen sind eckige Behältnisse aus geklebten Glasplatten, zwischen denen sich Blattgold befindet. Je nach Blickwinkel lässt die Goldfolie das Glas vollkommen golden oder klar durchsichtig scheinen. So wie man zu neuen Einsichten gelangt, wenn man den eigenen Standpunkt verändert, erläutert Eduard Deubzer.
Seine nächste Auftraggeberin lässt ihm ebenfalls freie Hand: Sie will ein Glasobjekt über einem langen Esstisch. Und Rike Scholle freut sich auf Teil drei für die Bar „Fragrances“: Für einen bestehenden Ofen gestaltet sie aus mehreren Glaselementen ein Objekt mit stilisierten Flammen. Dass das Kaminfeuer damit nicht einfach imitiert wird, versteht sich von selbst.